Home-Office und wie die Klamotte die Moral beeinflusst.
Letztes Jahr besuchte ich meine Freundin Siegrid. Ich war zum Brunch eingeladen – herrlich. 2 Jahre waren seit unserem letzten Treffen vergangen und wir hatten uns viel zu erzählen.
„Nun kennen wir uns schon fast 25 Jahre, bald Silberhochzeit,“ alberten wir herum. Kennengelernt hatten wir uns in einem Mode-Konzern, der mich zur Neueröffnung einer Filiale von Köln nach Mannheim für 2 Jahre versetzte. Hier traf ich Siegrid und wir machten 2 Jahre lang gemeinsam den Einkauf für die Damenbekleidung. Es war wie „Liebe auf den ersten Blick.“ Im Job waren wir ein erfolgreiches Team und privat wurden wir Freundinnen.
„Wie geht es denn nun in der Mode nach Corona weiter, gibt es einen neuen Trend?“, fragte mich Siegrid als plötzlich die Wohnzimmertür aufging. Ihr Mann Jörg kam herein, aber wie: Jogginghose, labberiges T-Shirt, Schluffen an den Füssen – wie gerade von der Couch gefallen.
„Da freue ich mich aber, dass Du heute frei hast und ich Dich auch sehe!“, sagte ich. Er runzelte die Stirn und sagte: „Wieso frei? Ich arbeite doch. Ich bin im Homeoffice“. Nach einem kurzen Plausch und Käffchen zu Dritt stand er auf und sagte: „Ich geh dann mal weiterarbeiten.“ Als die Tür hinter ihm zufiel lachte Siegrid und sagte: „Komm, spuck schon aus, Dein Blick sprach Bände.“ Sieht er immer so aus, wenn er arbeitet?“, fragte ich. „Ja, leider“, sagte meine Freundin. „Morgens, wenn ich zur Arbeit fahre, sehe ich ihn schon so und wenn ich abends Heim komme, läuft er immer noch im Schlabber-Look rum. Ich mag ihn schon gar nicht mehr anschauen. Früher war er immer top-gepflegt, adrett und modisch gekleidet, ein wahres Sahne-Schnittchen.“, berichtete Sie.
Dieses Erlebnis fiel mir spontan wieder ein, nachdem auch ich, Corona bedingt, erstmalig in den Genuss von Homeoffice kam…
Oh mein Gott, wie habe ich sie genossen, diese ersten Tage im Homeoffice. Rein in die bequeme Jeans, lässiges T-Shirt drüber und Crocks an den Füßen. Hauptsache bequem an den Schreibtisch.
Die Frage: Welches Businessoutfit ziehe ich heute an – sie war mir genommen. Endlich mal ein gemütliches Arbeiten am PC. Kein Schminken, keinen Schmuck, einfach nur Casual.
Und in meinen Videokonferenzen stellte ich fest, dass auch meine Kunden Casual waren. Männer waren wie selbstverständlich erst unrasiert und später dann mit Bart zu sehen. Und das Gros der Frauen hielt es wie ich – Casual-Look. Auf einmal war alles nicht mehr so gewohnt business-like.
Als ich mir dann aber eines Morgens eine Aufzeichnung von meinem letzten Zoom Video-Call anschaute stellte ich mit Entsetzen fest: das war doch nicht ich, der Business-Coach.
Ich hing im Sessel wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Meine Ausdrucksweise recht leger und die Kaffeetasse mit dem Smilie darauf schaukelte auf dem Bildschirm hin- und her. Als ich zwischendurch mal aufstand, um Unterlagen zu holen, sah ich meine labberige Jeans und meine ausgelatschten Schluffen. Oh Gott, dachte ich, so kann man auf die Couch, aber doch nicht ins Kundengespräch. Und dann noch mit Mode-Einzelhändlern…
Ich beschloss, dies gleich am nächsten Tag zu ändern. Am nächsten Morgen stand ich vor dem Kleiderschrank: ok ein Hosenanzug musste es nun wirklich nicht sein, vielleicht ein Blazer? Am ersten Tag entschied mich für meine geliebte „Candy“ (gepflegte, gestretchte Polyamid Hose) in Schwarz und eine schöne weiße Langarmbluse. Ohrringe, Kette, Ring und Uhr waren ab heute auch wieder Pflicht sowie ein geschminktes Gesicht mit adretter Frisur. Und was soll ich sagen – ich fühlte mich auch gleich anders. Saß ladylike und aufrecht in meinem Bürostuhl, hatte eine tolle Video-Präsenz, und das Gefühl, dass ich nun wieder „richtig“ arbeitete.
Warum das Outfit so wichtig ist:
Zoom, Skype, FaceTime, Team-Viewer – Online-Kommunikation inkl. Kamera (also Echtzeitbild) hat Einzug in unser Leben gehalten und wird täglich mehr genutzt. Was sonst das Telefon war, ist jetzt Video. Dies auch gerne ohne Vorankündigung…
Ein Grund mehr den Schlabber-Look gegen ein gepflegtes Outfit zu tauschen. Denn auch im Homeoffice macht derjenige Eindruck, der sich entsprechend kleidet.
Ok, es wird nicht mehr der Hosenanzug oder das Kostüm sein. Auch die Herren werden Online auf einen Anzug, eine Krawatte und ein Einstecktuch verzichten. Aber ein Blazer über der Bluse und dem Hemd gibt gleich ein ganz anderes Gefühl, oder?
Warum erzähle ich das?
Der Einkauf in die Frühjahr-/Sommer-Saison 2021 ist gestartet. Und für jeden Einkäufer aktuell eine besonders große Herausforderung:
- Umsatzeinbrüche aus den vergangenen Monaten
- hängengebliebener Ware
- erst keine und dann eine eher schwache Kundenfrequenz
- zögerndes Konsumverhalten
- Welche Auswirkungen haben bzw. werden COVID-19 und seine Begleiterscheinungen haben: z.B. Home-Office, Beschränkungen von Feiern und eventuell erneute Lebensveränderungen?
- Wie stark und in welche Richtung wird das Verhalten der Kunden von psychologischen Aspekten wie Angst und Unsicherheit verändern?
Was bedeutet das für den EINKAUF?
Seit 2 Saisons sprechen wir davon, dass Mode angezogener wird. Hosenanzug und Blazer waren favorisierte Themen. Und jetzt? Wird nun Casual die Oberhand gewinnen? Nein! Doch die Gewichtung wird sich klar verändern.
Gewinner werden für mich Blusen, Strick, Hosen und alltagstaugliche Kleider sein. Hosenanzüge, Kostüme, Anlasskleider sollten nicht aus den Sortimenten verschwinden, aber in der Limit- Gewichtung reduziert werden.
Auch bei Herren sind die Umsätze im Anzugbereich jetzt schon katastrophal, gefolgt von Hemden und Krawatten.
Für den Einkauf bringt COVID-19 zudem ungeahnte Hürden:
- Es wird vorläufig KEINE Messen mehr geben, d.h., Trend-Information und ein gesamthafter Überblick gehen verloren.
- Ab sofort gelten für alle Order-Zentren und Showräume strenge Sicherheitsvorkehrungen. Das bedeutet, eben mal vorbeischauen ohne Termin ist nicht mehr.
Welche Rolle spielt die FARBE?
Es wird wieder bunter werden. Je schlechter die Zeiten, desto mehr Farbe!
Mode hat immer eine psychologische Auswirkung – wie Nudeln bzw. Schokolade – sie machen glücklich.
Die Menschheit hat sich durch COVID-19 verändert. Wir leben in einer neuen Situation, die so noch nie da gewesen ist. Das erzeugt Angst, Frust, aber auch Traurigkeit.
Will ich dann dunkle Klamotten? Nein!
Intuitiv sehnt sich der Kunde nach Fröhlichkeit, Unbeschwertheit und guter Laune. Also wird er sich auf farbige Bekleidung stürzen. Blumenmuster, romantische Drucke, die Sehnsüchte, Glück und „heile Welt“ ausdrücken, dürfen nicht fehlen.
Welche Rolle spielt der PREIS?
Durch COVID-19 wird der Preis noch mehr in den Vordergrund rücken. Bedingt durch Kurzarbeit, unsichere Arbeitsplätze, weniger Einkommen etc. wird das Geld generell nicht mehr so locker sitzen.
Auch unsere sicher geglaubte Zielgruppe, die der gutsituierte Rentner, ist nicht mehr „kalkulierbar“. Banken berichten, dass noch nie so viel Geld von Sparbüchern und Girokonten abgeräumt wurde wie in diesen Corona Zeiten. D.h., auch diese Zielgruppe wird verhaltener und deutlich preissensibler kaufen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Preislagenaufbau im Sortimentsaufbau ist wichtiger denn je.
Aber: gut geplant und vorbereitet, offen für neue Techniken und Vorgehensweisen wird man Ware in die Läden bringen, die Kundinnen begeistern werden.
Ich glaube fest daran, dass trotz aller Veränderungen die Menschen Mode kaufen werden, denn Mode ist nicht nur Kleidung.
Sie unterstützt das Selbstvertrauen getreu dem Motto: …weil ich es mir wert bin.
UND, nach dem Einkauf kommt der Verkauf mit seinen Herausforderungen!
Wenn Sie wissen wollen, wie Sie auch in diesen Zeiten mehr Kunden gewinnen, lesen Sie meinen Artikel hier – E-Mail eintragen und gleich runterladen:
Die 10 größten Fehler, die verhindern, dass Sie neue Kunden gewinnen.
Kann ich Ihnen spontan weiterhelfen?
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Herzliche Grüße,
Ihre Yvonne Blauen-Ippendorf